• 09. Feb 2023
  • Ulrich Hartmann

DIN SPEC 91391 – Wie wird BIM praktisch umgesetzt? (1/3)

Information Modeling Science Education concept. Intellectual Smart Learning Methodology Information Technology. Design Model.

Informationsmanagement mit BIM, Teil 1

Das Erstellen von hochwertigen intelligenten Modellen ist eine wichtige Säule von BIM. Der ganze Nutzen erschließt sich jedoch erst, wenn die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt für Entscheidungen und Abläufe zur Verfügung stehen.

Auch der Blickwinkel hat sich erweitert. Standen bisher bei BIM die erzielbaren Mehrwerte einzelner Projekte im Fokus, setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass wir unsere Gebäude smarter machen müssen, um hochgesteckte Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Es geht um eine ganzheitliche Betrachtung des Bausektors und dessen ökologischem Fußabdruck, von der Abfallvermeidung bei der Bauproduktion über eine ganzheitliche Energiebilanzierung bis zur Wiederverwendbarkeit. Der damit verbundene Informationsbedarf macht ein systematisches Management von Informationen zum Schlüsselfaktor.

BIM ist nicht nur Building Information Modeling.
Erfolgreiches BIM ist Building Information Management.

Wie wird das Building Information Management praktisch umgesetzt?

Für das Erstellen von Plänen, Zeichnungen, Modellen und anderen Dokumenten gibt es eine Fülle von Software-Werkzeugen. Pläne könnte man beispielsweise mit Word, MS Paint oder Power Point zeichnen. Macht man aber nicht. Aus gutem Grund: sie haben nicht die erforderliche Funktionalität.

Für das Management von Informationen gäbe es auch ein paar Möglichkeiten, die auf den ersten Blick plausibel erscheinen: Man nehme E-Mail für die Kommunikation, eine DropBox für den Datenaustausch und ein Dateisystem für Ablage und Archivierung. Dazu noch jede Menge manuelles Speichern, Umbenennen, Verfolgen von Terminen, Prüfen auf Vollständigkeit von Unterlagen und geduldiges Suchen nach aktuellen Versionen, Updates oder Freigaben. Aber Geduld und starke Nerven sind bei Bauleuten ja ohnehin vorhanden …

Doch dem richtigen Werkzeug wären diese Energien an anderer Stelle womöglich besser eingesetzt. Denn das Bestellen, Liefern, Prüfen, Koordinieren und Verteilen von Informationen mit einer Vielzahl wechselnder Projektteilnehmer entlang der Zeitachse ist ein komplexes Unterfangen, und manuelles Informationsmanagement ist nicht nur zeitraubend, sondern auch fehleranfällig.

Ein weiterer Grund mit, warum die „oberste BIM Norm“, die DIN EN ISO 19650, eine Gemeinsame Datenumgebung als Pflichtbestandteil in jedem BIM-Projekt vorsieht.

Gemeinsame Datenumgebung CDE für BIM-Projekte

CDE ist ein Pflichtbestandteil in BIM-Projekten. Aber was sind die Pflichtbestandteile eines CDE? Ist eine Dateiablage, eine Austauschplattform, ein Archiv oder ein Koordinationsinstrument bereits ein CDE?

Es gibt zahllose herstellereigene Interpretationen.

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DIN SPEC 91391 Fokus

Die Unklarheit des CDE-Begriffs behindert den Einsatz des Informationsmanagements in Bauprojekten, denn ein CDE ist das zentrale Instrument für den systematischen Umgang mit Informationen.

Das Konsortium aus CDE-Anbietern, BIM-Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie aus dem CAFM- und Versicherungsbereich wollte genau diese Klarheit in puncto Produktivität, Zuverlässigkeit und Unterstützung von Arbeitsabläufen schaffen. Es entwickelte die DIN SPEC 91391 „Gemeinsame Datenumgebungen (CDE) für BIM-Projekte – Funktionen und offener Datenaustausch zwischen Plattformen unterschiedlicher Hersteller“. Natürlich voll und ganz im Einklang mit bestehenden Standards wie der DIN EN ISO 19650.

Woher kommt der CDE Begriff?

Common Data Environments spielen im BIM-Kontext eine stark zunehmende Rolle. Die 2013 publizierte britische PAS 1192 führte den CDE-Begriff ein. Dort ist von einer zentralen einzigen Informationsquelle die Rede: Der berühmten Single Source of Information. Auch der kollaborative Gedanke mit multidisziplinären Teams ist dort bereits verankert.

Die DIN EN ISO 19650 stellt dann 2018 das Informationsmanagement in den Mittelpunkt, ist aber im Vergleich zur PAS 1192 deutlich weniger konkret. Keine Rede mehr von CDE als einziger zentraler Informationsplattform. CDE gibt es hier nur noch als „vereinbarte Informationsquelle“. Sie fordert, dass BIM-Projekte eine Informationsstrategie haben.

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Offen bleibt allerdings, wie diese Strategie aussehen soll. Auch der CDE-Begriff selbst wird in der ISO zu einem relativ vagen Konzept aus CDE-Workflows und CDE-Lösungen uminterpretiert. Zentrales Thema der DIN EN ISO 19650 ist das Informationsmanagement, das macht schon der Titel deutlich: „Organisation und Digitalisierung von Informationen zu Bauwerken und Ingenieurleistungen, einschließlich Bauwerksinformationsmodellierung (BIM) – Informationsmanagement mit BIM“.

Es geht um eine kollaborative Erzeugung von Informationen. Ein sogenannter Informationsbesteller muss die gemeinsame Datenumgebung (CDE) des Projekts bereitstellen. Das Projekt-CDE sollte laut ISO vorteilhafterweise schon vor der Ausschreibung beschafft werden. Soll heißen: Informationsmanagement von Anfang an. Begriffswelt und Konzepte der ISO lassen viel Spielraum für Interpretationen und schaffen Unsicherheit im Markt, was die Rolle von CDEs anbelangt.

Information Modeling Science Education concept. Intellectual Smart Learning Methodology Information Technology. Design Model.

Autor

Ulrich Hartmann

Dipl.-Ing. Ulrich Hartmann studierte Bauingenieurwesen/Bauinformatik an der TU Berlin. Er arbeitete u. a. als Wissenschaftlicher Mitarbeiter DFG-Forschungsprojekte “Distributed Engineering and Collaboration in Wide Area Networks“ an der TU Berlin (Institut für Allgemeine Bauingenieurmethoden), als Technischer Leiter im Nemetschek Forschungsteam (Nemetschek AG und Nemetschek Allplan GmbH) und als Projektleiter Building Lifecycle Forschung an der Universität Karlsruhe (KIT). Seit 2014 ist Ulrich Hartmann Product Management BIM Expert und ORACLE Academy Speaker bei ORACLE Construction & Engineering Global Business Unit.

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