DIN EN ISO 16739-1 (IFC-Datenschema für Bauprojekte)

Industry Foundation Classes (IFC) für den Datenaustausch in der Bauwirtschaft und im Anlagenmanagement – Teil 1: Datenschema

Einführung in DIN EN ISO 16739-1

Die DIN EN ISO 16739-1, auch bekannt als Industry Foundation Classes (IFC), ist ein zentraler internationaler Standard, der die Grundlage für den Datenaustausch in der Bauwirtschaft und im Anlagenmanagement bildet. Dieser Standard wurde entwickelt, um die Interoperabilität zwischen verschiedenen Softwareanwendungen zu ermöglichen, die von den an Bauprojekten beteiligten Parteien genutzt werden. Der Standard beschreibt ein Datenschema, das es ermöglicht, Bauwerksinformationen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg auszutauschen und zu verwalten.

Ziel und Bedeutung der DIN EN ISO 16739-1

Die Hauptaufgabe der DIN EN ISO 16739-1 besteht darin, ein universelles Datenformat bereitzustellen, das den Austausch von Bauwerksdaten zwischen verschiedenen Softwaresystemen ermöglicht. Diese Norm ist besonders im Kontext der Bauwerksdatenmodellierung (Building Information Modeling, BIM) von entscheidender Bedeutung. BIM ist eine Methode zur Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Bauwerken, die auf der Nutzung digitaler Bauwerksmodelle basiert.

Durch die Verwendung eines standardisierten Formats wie IFC können die an einem Bauprojekt beteiligten Parteien sicherstellen, dass die ausgetauschten Daten korrekt und konsistent sind, unabhängig von der verwendeten Software. Dies fördert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern reduziert auch Fehler und Missverständnisse, die durch unterschiedliche Datenformate oder proprietäre Softwarelösungen entstehen könnten.

Technische Details und Struktur

Die DIN EN ISO 16739-1 definiert das IFC-Datenschema, das sowohl in der Datenbeschreibungssprache EXPRESS als auch im XML-Schema (XSD) vorliegt. Das EXPRESS-Schema dient dabei als primäre Quelle, während das XML-Schema nach den in ISO 10303-28 festgelegten Gestaltungsregeln aus dem EXPRESS-Schema generiert wird. Diese duale Struktur ermöglicht eine flexible Anwendung des Standards in verschiedenen Softwareumgebungen.

Die Norm umfasst verschiedene Austauschformate, die sicherstellen, dass die Daten entsprechend dem konzeptionellen Schema übermittelt werden können. Dazu zählen:

Klartextkodierung der Austauschstruktur (ISO 10303-21)

Dieses Format ermöglicht die Speicherung von Daten in einer textbasierten Form, die sowohl für Menschen als auch für Maschinen lesbar ist.

Extensible Markup Language (XML)

XML bietet ein strukturiertes und erweiterbares Format, das besonders für die Verarbeitung und den Austausch großer Datenmengen geeignet ist.
Andere Austauschformate können ebenfalls verwendet werden, sofern sie mit den festgelegten Datenschemata übereinstimmen.

Model-View-Definition (MVD)

Ein besonders wichtiger Aspekt der DIN EN ISO 16739-1 ist das Konzept der Model-View-Definition (MVD). Eine MVD beschreibt einen spezifischen Teilsatz des gesamten IFC-Datenschemas, der für bestimmte Anwendungsfälle oder Prozessabläufe relevant ist. Durch die Definition solcher Teilansichten können Softwareanwendungen gezielt die für sie relevanten Daten austauschen, ohne das gesamte IFC-Datenschema verarbeiten zu müssen.

Dies ist insbesondere in großen Bauprojekten von Vorteil, wo verschiedene Akteure unterschiedliche Anforderungen an die ausgetauschten Daten haben. Ein Architekt könnte beispielsweise primär an den geometrischen und ästhetischen Aspekten eines Bauwerks interessiert sein, während ein Bauingenieur sich auf strukturelle und bautechnische Details konzentriert. Durch die Verwendung von MVDs kann jeder Beteiligte nur die für ihn relevanten Informationen verarbeiten und austauschen.

Anwendungsbereiche und Relevanz

Die DIN EN ISO 16739-1 findet breite Anwendung in der Bauindustrie sowie im Facility Management. Die Norm ist besonders relevant für:

  • Planung und Entwurf: Hier ermöglicht IFC eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen Architekten, Ingenieuren und anderen Fachleuten. Alle Beteiligten können auf ein gemeinsames Bauwerksmodell zugreifen und ihre jeweiligen Beiträge in das Modell einbringen.
  • Bauausführung: Während der Bauphase erleichtert IFC den Austausch von Informationen zwischen den verschiedenen Gewerken und sorgt für eine reibungslose Koordination der Arbeiten auf der Baustelle.
  • Betrieb und Instandhaltung: Nach der Fertigstellung eines Bauwerks bleibt das IFC-Modell eine wertvolle Ressource, die für das Facility Management genutzt werden kann. Es bietet umfassende Informationen über die Gebäudestruktur und -systeme, was die Wartung und Modernisierung erleichtert.

Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich der Norm ständig erweitert, um auch Infrastrukturbauwerke wie Straßen, Brücken und Versorgungsnetze abzudecken. Dies zeigt die wachsende Bedeutung von IFC im globalen Bauwesen.

Zukunftsperspektiven

Die ständige Weiterentwicklung der DIN EN ISO 16739-1 zeigt, dass die Norm zunehmend an Bedeutung gewinnt. Zukünftige Versionen werden voraussichtlich erweiterte Funktionen und zusätzliche Datenschemata beinhalten, um den Anforderungen einer zunehmend komplexen und digitalisierten Bauindustrie gerecht zu werden. Dies könnte beispielsweise die Integration neuer Technologien wie dem Internet der Dinge (IoT) oder der künstlichen Intelligenz (KI) umfassen.

Die Norm bietet auch eine solide Grundlage für die Implementierung von Smart Cities, in denen unterschiedliche städtische Infrastrukturen miteinander vernetzt sind und effizienter verwaltet werden können. Die Verwendung von IFC in solchen Kontexten könnte dazu beitragen, die Planungs- und Betriebsprozesse zu optimieren und gleichzeitig die Nachhaltigkeit zu fördern.

Schlussfolgerung

Die DIN EN ISO 16739-1 ist ein unverzichtbarer Standard für den Datenaustausch im Bauwesen und im Facility Management. Durch die Bereitstellung eines universellen Datenformats ermöglicht sie eine effiziente und fehlerfreie Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren eines Bauprojekts. Ihre Bedeutung wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, da die Digitalisierung der Bauindustrie voranschreitet und immer komplexere Anforderungen an den Datenaustausch gestellt werden.

Ausgabedatum: 2021-11
Herausgeber: Beuth Verlag GmbH

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