Serie “BIM in der Praxis”, Teil 3: Die BIM-Methodik verlangt eine klare Definition der Rollen der Beteiligten und die Integration der BIM-Experten in den Prozess. Eine fehlende Rollenzuweisung erschwert jedes BIM-Projekt – oder lässt es scheitern.
In Teil 1 und Teil 2 stellten wir einige Aspekte zu BIM-Projekten vor. Dabei kamen Begriffe wie AIA, BAP, BIM-Manager, BIM-Prozesse, Prüfungsworkflow und clash detection ins Spiel, die nicht immer ganz eindeutig erscheinen. In der Regel stehen dahinter Inhalte und/oder Aufgaben, die erarbeitet und bearbeitet werden müssen. Aber wer kümmert sich darum – und wer ist verantwortlich? Der BIM-Manager, der BIM-Koordinator, oder jemand anderes?
Hier wird schnell klar, dass Integrale Planung (BIM) sowie digitales Planen, Bauen und Betreiben neue Aufgaben und Rollen samt Leistungsbildern verlangen, die eindeutig beschreiben, wer was wann und wie macht bzw. für konkrete Aufgaben verantwortlich ist. Und um allen Skeptikern vorzugreifen: Die BIM-Methodik erfordert nicht unbedingt neue Mitarbeiter (auf der Gehaltsliste). Vielmehr geht es um die Organisation und Zuweisung von Aufgaben, Ansprechpartnern und Verantwortlichen.
Was ändert sich durch die BIM-Methodik?
Die klassischen Akteure eines Bauprojekts sind der Bauherr, eventuell die Projektsteuerung, der Objektplaner (Architekt), weitere Fachplaner und Gutachter (z. B. Tragwerksplaner, TGA-Fachplaner, Bauphysiker, Brandschutz-Sachverständige). Hinzu kommen die ausführenden Firmen in Leistungsphase 8 und der Betreiber nach der Übergabe. In der Abbildung sind diese Akteure in blau dargestellt.
Durch die BIM-Methodik gibt es einige neue Rollen (in der Abbildung grün dargestellt). Als direkter Ansprechpartner zum Bauherrn und Auftraggeber fungiert das BIM-Management für alle BIM-relevanten strategischen Themen. Auf Ebene der Architekten, Fachplaner und Ausführenden existiert ein BIM-Modellkoordinator. Dieser dient als Schnittstelle und Ansprechpartner jeder Organisation nach außen wie auch organisationsintern.
Die Gesamtkoordination aller BIM-Beteiligten in der operativen Planung übernimmt der BIM-Gesamtkoordinator. Hier geht es nur um die Koordination der BIM-Themen – mit eindeutiger Abgrenzung zur planungsleitenden und fachlichen Koordination durch den Architekten. Innerhalb des Planungsteams ist noch die Rolle eines BIM-Modellierers zu berücksichtigen. Das sind jene Fachleute und Ingenieure, die direkt mit dem und in das BIM-Modell arbeiten.
Klares Bekenntnis des Bauherrn erforderlich
Die Entscheidung, ein Projekt in der BIM-Methodik durchzuführen, trifft der Bauherr. Diese Entscheidung muss ein klares Bekenntnis sein! Ein BIM-Projekt nach dem Motto „Das können wir ja mal machen“ wird schnell im Sande verlaufen, sobald sich die ersten Widerstände seitens der BIM-Beteiligten ergeben. Schließlich verlassen alle am Bau Beteiligten ihre Komfortzone und die eingefahrenen Ablaufprozesse der – sicherlich auch erfolgreichen – vergangenen Jahre und Projekte.
Mit dem Bekenntnis zur BIM-Methodik muss der Bauherr weitere Angaben und Anforderungen formulieren, was er sich unter der BIM-Methodik vorstellt und welche Ziele er durch den Einsatz erfüllt sehen will. Das Ganze muss schriftlich formuliert werden, sodass die weiteren beteiligten Planer und Akteure von Beginn an Wissen, worauf sie sich einlassen bzw. welche Leistung von ihnen erwartet wird – und möglichst auch abgerechnet werden kann.
In größeren Projekten werden die Anforderungen des Bauherrn im Lastenheft zusammengetragen. Das Lastenheft existiert leider nicht bei jedem Bauvorhaben. Die BIM-relevanten Anforderungen des Auftraggebers werden in den Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) erfasst. Der Bauherr ist aber in der Regel kein Baufachmann. Insofern wird eine Rolle benötigt, die den Bauherrn in allen BIM-relevanten Fragestellungen begleitet: das BIM-Management.
BIM-Management unterstützt den Bauherrn
Das BIM-Management berät und begleitet den Bauherrn bei allen BIM-relevanten strategischen und projektvorbereitenden Aufgaben. Das beginnt mit der gemeinsamen Definition der BIM-Ziele. Das BIM-Management übersetzt die Vorstellungen und Wünsche des Bauherrn in Anforderungen und Leitlinien an das Projekt. Diese Rahmenbedingungen werden in den Auftraggeber-Informations-Anforderungen zusammengefasst. Die AIA gelten als Vertragsbestandsteil für die weiteren BIM-Beteiligten.
In der operativen Planung übernimmt das BIM-Management eine übergeordnete Bauherren-Position. Als solcher begleitet er die Ausarbeitung des BIM-Abwicklungsplans (BAP) – als Antwort auf die AIA und Umsetzungsrichtlinie für die Planungsbeteiligten. Weiterhin überwacht das BIM-Management (stichprobenhaft) die Qualität der BIM-Methodik im Projekt.
Die operative Digitale Planung erfolgt unter den BIM-Planern zuzüglich eines BIM-Gesamtkoordinators. Dabei ist zunächst in die Abstimmungsaufgaben und die eigentliche (kreative, fachliche) Planungsphase zu unterscheiden.
In der Abstimmungsphase erfolgt die Vorbereitung und Umsetzung der BIM-Methodik gemäß den Anforderungen aus den (oder als Antwort auf die) Auftraggeber-Informations-Anforderungen. Diese konkreten Umsetzungsregeln werden im BIM-Abwicklungsplan zusammengefasst. Ebenso werden die IT-Strukturen sowie die Kommunikations-, Datenaustausch- und Prüfungsworkflows abgestimmt und festgelegt, außerdem die Prozessdarstellungen samt zugehörigem Informationsaustausch.
Die Abstimmungen als Vorbereitung der BIM-Planung erfolgt zwischen und unter aktiver Beteiligung aller BIM-Beteiligten. Gleichwohl gibt es einen Verantwortlichen: den BIM-Gesamtkoordinator.
Gesamtverantwortung für den BIM-Prozess
Der BIM-Gesamtkoordinator ist verantwortlich für den Ablauf der BIM-Methodik und für das BIM-Modell im Planungsprozess. Bis zum Start der BIM-Planung erfolgt die Erarbeitung des BIM-Abwicklungsplans in enger Zusammenarbeit mit den weiteren Fachplanern. Er stellt damit die Schnittstelle zwischen den BIM-beteiligten Planern und dem BIM-Management als Vertreter der AIA dar. Weiterhin muss der BIM-Gesamtkoordinator alle Abstimmungen forcieren und Regelungen festlegen (u. a. Modellierungs-Richtlinien, Kommunikations- und Prüfungsworkflows, Qualitätsprüfungen), damit die BIM-Workflows einwandfrei funktionieren. Zum Abschluss der Abstimmungsphase koordiniert er einen Konformitätstest für alle BIM-Beteiligten und die IT-Struktur.
In der operativen Planung übernimmt der BIM-Gesamtkoordinator die Verantwortung für das BIM-Modell. Das bedeutet, dass er zu festgelegten Meilensteinen die einzelnen Fachmodelle (aus der Projektplattform) zusammenträgt. Aus den Fachmodellen erfolgt zu Zusammenführung zum Koordinationsmodell. Dazu gehört die Modellprüfung der Fachmodelle und des Koordinationsmodells auf Übereinstimmung mit den Modellierungsrichtlinien und auf Kollisionen.
Die Überprüfung und Koordination der fachlich-technischen Planungsleistung ist davon unberührt. Das ist nach wie vor Aufgabe der objektplanerischen Leitung (i.d.R. des Architekten). Festgestellte Kollisionen, Sollabweichungen oder methodische Mängel werden durch den BIM-Gesamtkoordinator dokumentiert und im Rahmen einer Koordinationsbesprechung zur Änderung an den entsprechenden Fachplaner weitergegeben. Auch hier gilt: Unstimmigkeiten mit fachlicher, technischer oder architektonischer Relevanz sind durch die Objektleitung aufzulösen.
Koordination der Fachplaner
Als Ansprechpartner und Schnittstelle bei den einzelnen Fachplanern dient die Rolle des BIM-Modellkoordinators. Er ist verantwortlich für die BIM-Methodik und das BIM-Fachmodell der jeweiligen (eigenen) Organisation. Innerhalb dieser Rolle erfolgen zunächst die Mitarbeit in der Abstimmungsphase und die Prozesssystematisierung innerhalb des eigenen Unternehmens. In der Planungsphase verantwortet er die Überwachung, Kontrolle und Prüfung des eigenen Fachmodells auf Inhalte und die vorgegebenen Konventionen (durch die Modellierungsrichtlinie und vor der Übergabe an den BIM-Gesamtkoordinator zu den entsprechenden Meilensteinen). Gleichzeitig ist der BIM-Modellkoordinator für die Referenzierung der anderen Fachmodelle im eigenen (Fach-)Planungsumfeld verantwortlich.
Die Erarbeitung der einzelnen Fachmodelle innerhalb eines Planungsteams erfolgt durch die BIM-Modellierer. Dies entspricht dem Aufgabenfeld der klassischen Objekt- und Fachplaner mit spezifischem Know-how der angewandten BIM-Software und der BIM-Modellierung.
Klare Rollenverteilung notwendig
Betrachten man die in der Abbildung dargestellte Organisationsform, dann treten vier neue Rollen auf. Im Rahmen der AIA sollten die Rollen ganz eindeutig beschrieben werden, sodass allen Beteiligten klar ist, wer was zu bearbeiten hat. Es stellt sich die Frage, wer diese Rollen und die zugehörigen Aufgaben erfüllt.
Das strategische BIM-Management sollte als Bauherrenberater eine unabhängige Stellung einnehmen. Die BIM-Modellkoordinatoren sind die personalisierten Schnittstellen und Ansprechpartner innerhalb der einzelnen Planer. Das dient einer klaren Kommunikation in Bezug auf das BIM-Modell. Die BIM-Modellierer sind die Anwender innerhalb der Unternehmen.
Die wesentliche Frage besteht in der Position des BIM-Gesamtkoordinators. Diese Rolle kann vom Objektplaner übernommen werden. In Ergänzung zur fachlich-technischen Koordination auch die methodische Koordination und Abstimmung zu übernehmen, ist nicht abwegig. Dabei gibt es den unterschwelligen Vorwurf, den Bock zum Gärtner zu machen. Gleichwohl kann man die Forderung von Bauherrn und Auftraggebern verstehen, die Rolle des BIM-Gesamtkoordinators von den Planern zu trennen. Dadurch wird eine zusätzliche Qualitätssicherung geschaffen, und gleichzeitig können sich alle beteiligten Planer auf die eigenen neuen Aufgaben konzentrieren, ohne weitere Koordinationsaufgaben übernehmen zu müssen. Vielfach werden die Rollen des BIM-Managements und des BIM-Gesamtkoordinators von einem Unternehmen übernommen. Das verspricht eine durchgängige konzeptionelle BIM-Methodik vom strategischen Ansatz bis zur Umsetzung.
Fazit
Sowohl das BIM-Management als auch die BIM-Gesamtkoordination sind wichtige Rollen und Aufgaben. Doch ein BIM-Projekt kann nur erfolgreich durchgeführt werden, wenn der Bauherr ein klares Bekenntnis zur BIM-Methodik abgibt. Er muss alle Planungsbeteiligten motivieren, damit sie die neuen Rollen akzeptieren und als Team gemeinsam die anfallenden Aufgaben erfüllen.
Die Festlegung und Dokumentation der Rollen und Aufgaben ist wichtig. Jeder muss wissen, worauf er sich einlässt und was er zu erledigen hat. Gleichzeitig bietet diese Transparenz auch die Möglichkeit, sich offen in die Augen zu schauen und über entstehende Aufwände und Kosten zu diskutieren.